RESIST TO EXIST – FIGHT WARZONE CAPITALISM!
„Erst wenn das Eis bricht wirst Du wahrhaftig wissen, wer Dein Freund und wer Dein Feind ist.“ Sprichwort der Inuit
Am 21. Juni 2016 wollen sich auf Einladung des Kieler „Institut für Sicherheitspolitik“ (ISPK) sowie des Think Tank „Center of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters“ (COECSW) im Rahmen der Kieler Woche abermals geladenene NATO-Generäle und ihre Verbündeten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zum nunmehr zweiten Mal zur sogenannten „Kiel Conference“ im Düsternbrooker Hotel Bellevue zusammenfinden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat die Konferenz das Ziel, als internationale Zusammenkunft führender Vordenker, Akteure und Profiteure der NATO-Kriegspolitik die Grundlagen ihrer militärischen, wirtschaftlichen und geostrategischen Bestrebungen zu bestimmen. Widmete man sich 2015 der „maritimen Sicherheit“, d.h. der vorsorglichen Kriegsvorbereitung gegen Russland im Ostseeraum, steht in diesem Jahr unter der Überschrift „Cool Dispassion or Hot-Button Topic: The High North“ die Arktis auf der Agenda der Kriegsstrategen.
Warum gehören solche, auf den ersten Blick vielleicht skurril anmutenden, elitären Planspiele am Nordpol dringend mit antimilitaristischem Widerstand konfrontiert? Mittlerweile ist nahezu die gesamte Erde durch den patriarchalen Unterwerfungswahn von Mensch und Natur und seinem ökonomischen Spiegelbild, der brutalen kapitalistischen Konkurrenz und Ausbeutung, aufgeteilt und zur systematischen Ausplünderung verwertbar gemacht worden. Die Kieler Kriegskonferenz ist nun nicht weniger als Teil der strategischen Vorbereitung der NATO-Staaten auf die in den kommenden Jahrzehnten bevorstehende Schlacht der imperialen Mächte um den Zugriff auf die reichhaltigen Bodenschätze der Arktis. Während die Polarkappen schmelzen und eine weitere ökologische und soziale Katastrophe naht, wittern die globalen ökonomischen und militärischen Großmächte unter dem schwindenden Eis einen der letzten noch offenen Big Deals und rüsten sich wechselseitig zur kriegerischen Ausschaltung ihrer Konkurrenz. Die Vorfreude bei den NATO-Ideologen ist groß in Anbetracht dieses nächstes Großangriffs auf unser aller Leben. Es liegt an uns, ihre perfiden Pläne zur weiteren Zerstörung der menschlichen Existenzgrundlagen im Namen des Profits zu durchkreuzen. Fangen wir vor unser Haustür damit an. Beteiligt Euch an den antimilitaristischen Aktionen gegen die „Kiel Conference“ 2016!
„Kiel Conference“ – harmloses Stelldichein oder Kriegskonferenz?
So harmlos die Themen und maritimen Fragen der diesjährigen Konferenz im ersten Moment klingen mögen, dahinter stehen handfeste geopolitische und ökonomische Interessen, die notfalls mit militärischer Gewalt durchgesetzt werden sollen. Die Militärs werden sich weiter und nachdrücklicher auf einen Krieg auch zu Wasser vorbereiten, der den Ausbau dessen umfasst, was in der „modernen“ Kriegsführung als „asymmetrischer Krieg“ bezeichnet wird. Dazu gehört die Kontrolle von Migrationsbewegungen und Krieg gegen die durch Armut erstarkende Piraterie, Niederschlagung von Aufruhr und Revolten, denn „etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt in Küstengebieten, und es wird erwartet, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren noch weiter steigen wird.“ Dadurch wird der Ausbau der maritimen Militarisierung als notwendiges Zukunftsprojekt erachtet. Denn „in Gebieten mit starkem Bevölkerungsdruck […] wird der Klimawandel die wegen knapper Ressourcen bereits bestehenden Konflikte weiter anheizen, vor allem wenn der Zugang zu diesen Ressourcen ein Thema des politischen Kräftespiels wird.“ (Klimawandel und internationale Sicherheit, Papier des Hohen Vertreters und der Europäischen Kommission für den Europäischen Rat 2008)
In einem Strategiepapier für maritime Sicherheit wird die Bedeutung der strategischen Ausrichtung der EU und Deutschlands offen formuliert, indem ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen maritimen Interessen und Europas Wachstum und Sicherheit geäußert wird. Schließlich ist Europa nicht nur im Bereich des Tourismus‘ und Verkehrs auf die Meere und Ozeane angewiesen, sondern vor allem auf Handelswege und die Absicherung der Energieversorgung. (Elemente einer Strategie der Europäischen Union für maritime Sicherheit, Europäische Rat 2014)
Die Verantwortlichen aus Militär, Wirtschaft, Politik und Wissenschaft werden sich am 21. Juni 2016 auf der „Kiel Conference“ zusammensetzen, um die Fragen der Zukunft in diesem Jahr anhand der Arktis zu beantworten: Das „Problem“ wird aus dem Zusammenhang gerissen und in immer kleinere Teile isoliert. Die Antwort ist dann in einem von allen anderen Problemen und dem Leben selbst entfremdeten Zustand und kann als Wahrheit mittels Powerpoint an die Wand projiziert werden. Dies wird dann vom lauten Beifall irgendwelcher Fachidioten begleitet. Dabei sind es die stillschweigenden Grundannahmen einer solchen Konferenz, sie könnten alles kontrollieren, profitabel machen und beherrschen, die keine Probleme lösen sondern sie verschärfen und neue schaffen.
Auch wenn die geladenen Gäste der „Kiel Conference“ dies alles anders formulieren, vielleicht sogar ein ums andere Mal Bedenken äußern werden, die Richtung ist klar, die Leitlinien gesetzt und die Diskussionen und Strategien sind nicht erst mit der „Kiel Conference“ ins Rollen geraten. Dennoch ist die „Kiel Conference“ als ein Ort des Austauschs und der Strategieentwicklung richtungsweisend und nicht zu unterschätzen. Deshalb werden wir die dort Anwesenden dementsprechend mit unseren Antworten praktisch und theoretisch konfrontieren.
Der Run auf die Arktis
Dass die EU und ihr voran Deutschland – nachdem sie jahrzehntelang den Fokus auf den Mittleren Osten als Ressourcen spendende Quelle gelegt hatten – nun die Arktis ins Visier rücken, ist nicht verwunderlich. Dass dabei alle „Werkzeuge der nationalen Macht benötigt“ werden, wie es im Tagungsplan der „Kiel Conference“ heißt, um jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen, welche zwischen Deutschland und den Bodenschätzen liegen, ist nur allzu klar: „Die Bundesregierung sieht die Arktis als eine Region im Wandel, deren geopolitische [und] geoökonomische Bedeutung für die internationale Gemeinschaft durch Klimaerwärmung und rasant beschleunigende Eisschmelze stetig wächst. Die Bundesregierung strebt daher an, den Besonderheiten der Arktis Rechnung zu tragen und sie zu einem zentralen Gegenstand deutscher Politik zu machen […], sieht das große ökonomische Potenzial […] bei der Erschließung von Rohstoffvorkommen in der Arktis und die sich daraus[…] bietenden Perspektiven für die deutsche und europäische Wirtschaft.“ (Leitlinien deutscher Arktispolitik, Auswärtiges Amt 2013). Doch niemand will auf die Eistorte verzichten, sodass die eigentlich als veraltet angesehene Blockkonfrontation als sehr wahrscheinliches Szenario plötzlich wieder am Horizont auftaucht. In Nato-Großmanövern in der Arktis wird zwischen Eisbärbabys eifrig der (nukleare) Schlagabtausch mit Russland geübt. Denn alle wollen die Ersten sein, wenn der Zugang zu den arktischen Ressourcen frei wird.
Die Eisschmelze lässt die seit Millionen von Jahren eingeschlossenen Vorkommen von Öl, Gas, Kupfer, Silber und Gold in menschliche Erreichbarkeit rücken. Auch die Handelsrouten zwischen den Industriezentren werden sich durch das im Sommer eisfreie arktische Meer immens verkürzen lassen und neue Fischgründe werden den hoch technisierten Fangflotten preisgegeben. Doch bei all der Euphorie wird vergessen, dass die Arktis als Klimaanlage der Erde fungiert, die durch Reflexion 80% der Sonnenstrahlung ableitet und so die Erderwärmung verzögert. Gehen diese Eisflächen verloren, wird durch den Wasserpegelanstieg der nächste Regulationsmechanismus, der Golfstrom, abbrechen, die Permafrostböden tauen auf und setzen das im gefrorenen Boden gebundene Methan und Kohlenstoff beim Abbau als Kohlendioxid in die Atmosphäre frei, welches wiederum die Erwärmung weiter treibt. So befinden wir uns in einem unaufhaltsamen Kreislauf. Wenn aufgrund der rasant wachsenden Wasserknappheit hier der Lebensmittelpreis ansteigt (ein Beispiel: die Produktion eines Kilo Kaffee verschlingt umgerechnet 21.000 Liter Wasser), ist das nur das letzte Glied einer Kette, in der mittendrin eine Zahl von weltweit etwa 4 Mrd. Menschen steht, die jetzt schon an Wasserknappheit leiden bzw. kaum bis gar nicht über sauberes Trinkwasser verfügen. Diese Phänomene werden sich mit fortschreitender Klimaerwärmung noch verschärfen. Das Abschmelzen der Polkappen und der Gletscher als Hauptwasserspeicher stellen in dieser Kette nur ein Glied dar, wenn auch ein sehr relevantes.
Wir können die Verschlungenheit hier in ihrer Gesamtheit nicht darstellen und das müssen wir auch gar nicht. Aber im Gegensatz zu uns steht hinter der „Kiel Conference“ ein ganzer hoch bezahlter Apparat von menschlichen Rechenschiebern, die durchaus in der Lage wären, den Dominoeffekt vorauszusehen, der zu der ohnehin schon prekären Arktissituation hinzukommen wird, wenn sich ans Abschürfen, Anbohren, Aufbrechen und Umgraben gemacht wird. Und sie tun es auch, können und wollen aber, wie schon beschrieben, die Stopp-Taste nicht drücken. Denn die Rechnung mit der Katastrophe ist aus Sicht des Kapitals durchaus rentabel, wenn Wasser schon als das zukünftige Öl gehandelt wird. Oder wie es die Goldman Sachs Group Inc. offen ausspricht: es biete „enorme Belohnungen für Investoren, die wissen, wie man während des kommenden Investitionsbooms zu spielen habe.“
Wer glaubt, dass das Zusammenrücken der Kontinente den Bedarf einer kooperativen Verständigung erhöht, wer glaubt, dass das Abschmelzen der Polarkappen Fragen von Verantwortlichkeiten für die Zukunft zwangsläufig drängend werden lässt, wird eine solche Perspektive vergeblich in den Reihen der Regierung und Wirtschaft suchen. Der Wissenschaftsbetrieb liefert die entsprechenden Zahlen und Daten, wie schneller und effektiver an die unter dem Eis befindlichen Rohstoffe heran zu kommen ist und kooperiert eng mit Wirtschaft und Militär bei der Entwicklung von besseren Gerätschaften, sei es für Bohrarbeiten oder Kriegsgerät. Dabei scheint kein Gedanke daran verschwendet zu werden, wie viele Opfer dieser imperialistische Gedankengang weltweit mit sich bringt.
Ressourcenabbau, Flucht und Militarisierung
Der Run auf die Rest-Ressourcen dieser Erde und der Ressource „Erde“ an sich, ist nicht nur in der Arktis zu sehen. Die Zusammenhänge von kapitalistischer Produktionsweise und Raubbau treten an einigen Stellen schneller und offensichtlicher zu Tage, an anderen lassen sich die Folgen erst nach Zeiträumen erkennen, die die Ursachen fast zum Verschwinden bringen. Ein Beispiel dafür ist der durch die Finanzkrise ausgelöste erneute „Land grabbing“-Boom im globalen Süden, also das Vordringen in die letzten Zipfel der Erde und deren Ausbeutung und Nutzbarmachung in bester kolonialistischer Tradition durch Regierungen und Großkonzerne des globalen Nordens, also auch Deutschlands. Das „Land grabbing“ beinhaltet gleichzeitig immer auch ein „Ressourcen grabbing“ wie z.B. das nach Wasser. Bei dieser „Erschließung“ gehört die Vertreibung und Ermordung von Kleinbauern durch einheimischen Regierungen zur normalen und anerkannten Prozedur. Dieser Boom ist der Reflex der neuen alten Erkenntnis, dass auch das Finanzkapital kein Perpetuum mobile ist, sondern einer stofflichen Grundlage, also Rohstoffen bedarf, um Profit zu generieren.
Das was sich im Globalen Süden u.a. in brutalem Landraub, der Zerstörung von Subsistenzwirtschaft und der Verseuchung ganzer Landstriche durch Pestizide, Genmanipulation und Geschwindigkeitsindustrialisierung niederschlägt, treibt weitere Milliarden von Menschen in den Hungertod und in die Flucht. So stellen z.B. die Bewoher*innen der pazifischen Inselstaaten Kiribati und Tuvalu schon Anträge auf Asyl, weil ihr Absaufen nur noch eine Frage von ein paar Jahrzehnten ist. Zudem gehen die offiziellen Prognosen der zu erwartenden Migrationsbewegung nur aufgrund der Klimaveränderung um das Jahr 2050 von ca. 100 Mio. flüchtenden Menschen aus, wobei die Geflüchteten aufgrund von Kriegen etc. noch nicht eingerechnet sind. Doch Europa gerät schon jetzt in Panik, wenn nur ein Bruchteil der Geflüchteten vor unserer Haustür steht.
Die Politik, die als Garant dafür gilt, den freien Welthandel und die Kapitalverwertung ungehindert am Laufen zu halten und auch weiterhin ungebremst durchzusetzen, schafft die dafür passenden Gesetze, die eine Militarisierung im Innern und nach Außen immer offensichtlicher zu Tage treten lassen. Die Abschottungspolitik und die im Eiltempo durchgepeitschten Asylgesetzverschärfungen sind keine spontanen Reaktionen, sondern eingebettet in eine europäische Politik, die sich seit Jahren auf die Migrationsbewegung vorbereitet. Das European Institute for Security Studies (EUISS), welches als offizieller Think-Tank der EU-Außen- und Sicherheitspolitik fungiert, formuliert dies so: Wir befänden uns in einem Krieg der „ungleichen sozioökonomischen Klassen der Weltgesellschaft“, also einem Krieg innerhalb der „hierarchischen Klassengesellschaft“, bestehend aus metropolitaner „Eliten“ und den „unteren Milliarden“, gegen die das „gesamte Spektrum hoch intensiver Kampfmaßnahmen“ anzuwenden sei. Dabei bestünde eine der zentralen Aufgaben darin, in groß angelegten „Sperroperationen“ die reichen Teile der Welt vor den „Spannungen und Problemen der Armen (zu) schützen“, aber auch vor den Armen im eigenen Land. Diskussionen um den Ausbau der Inlandseinsätze der Bundeswehr sind auch eine Vorbereitung auf die immer weiter auseinanderklaffende Schere der ökonomischen Eigentumsverteilung in Deutschland und die daraus resultierenden Unruhen auch hierzulande.
Wachstum über alles – Kapitalismus vs. Ökologie
Auch wenn der Glaube an Wachstum ohnehin ungebrochen ist, scheinen sich doch immer wieder neue Reichtumsquellen erschließen zu lassen. Fast schon nebenbei wird eine Kosten-Nutzen-Rechnung der Klimakatastrophe aufgestellt, in der die Erderwärmung zumindest für die nächsten 50 Jahre grundsätzlich für den globalen Norden als eher positiver Effekt behandelt wird. Die verhungernden Menschen im Globalen Süden tauchen in dieser Rechnung überhaupt nicht auf, schließlich tragen sie nach der Logik des Kapitals kaum etwas zum beschworenen Wirtschaftswachstum bei. Denn Kapital muss „wachsen“, aus Geld muss mehr Geld werden, es muss Profit entstehen. Dabei muss sich auf dem Markt gegen die anderen Konkurrenten durchgesetzt werden, mit der Folge, dass immer mehr, immer billiger produziert werden muss. In diesem Prozess der Konkurrenz wird mehr und mehr die menschliche Arbeitskraft aus dem Produktionsprozess herausgenommen. Deshalb wird der Mensch im Zuge der Produktivkraftentwicklung durch Maschinen, Mikroelektronik usw. ersetzt. Je größer die Produktivkraftentwicklung, desto mehr Ressourcen können zu Waren umgestaltet werden. Jene Unternehmen, die billiger und schneller mehr Waren auf den Markt bringen, setzen sich gegen ihre Konkurrenten durch und können mit noch größeren Marktanteilen einen weiteren Vorteil erringen. Es werden wiederum mehr Ressourcen benötigt, was einen ungeheuer hohen Energieaufwand bedeutet. Durch den immer intensiver werdenden Verschleiß geraten wir jetzt an die Grenzen des Wachstums. Können keine neuen Ressourcen mehr gewonnen werden oder sind schlussendlich keine mehr da, ist ein Kollaps des Kapitals in Sicht, der auf einen viel größeren ökologischen Kollaps verweist. Dann verhält es sich, wie mit Goethes Zauberlehrling. Anders als in dem Gedicht wird der Hexenmeister diese Situation jedoch nicht richten können. Denn in diesem Sinnbild ist er als das Kapital zu verstehen, welches in seiner eigenen Logik gefangen bleiben muss und sich auch nicht anders zu helfen weiß, als noch schlimmere Geister und Mächte zu entfesseln.
Kapitalismus und Ökologie stehen im unvereinbaren Widerspruch. Die Geschwindigkeit, in der diese beiden Pole auseinanderdriften, steigert sich in dem Maße, wie der Wachstumszwang des Kapitals an Fahrt aufnehmen muss, um dem Fall des Profitniveaus etwas entgegensetzen zu können. Dabei hilft es auch nichts, innerhalb dieses Systems von ökologischeren oder umweltschonenderen Techniken und erneuerbaren Energien zu reden. Wenn die Politik von Nachhaltigkeit redet, ist diese Begrifflichkeit an Unbestimmtheit kaum zu überbieten. Wenn, wie auf der Kiel Conference, ein Fachmann für Klimafragen eingeladen wird, ist dies nichts anderes als eine Form von „Greenwashing“ und ein Geschäft mit einem aus Sicht des Kapitals weiteren Produktionszweig. Auch ein Unternehmen, welches Solarpanels herstellt, ist den selben Marktgesetzen unterworfen, muss in Konkurrenz bestehen, will und muss aus Geld mehr Geld generieren. Muss also Arbeitskraft aus dem Produktionsprozess herausnehmen, muss auf Ressourcen verschleißende Maschinen umstellen usw. Der Ökotouch entlarvt sich durch dieses Prinzip als Schwindel. Die „gesunde“ Sojabohne wird auf enteignetem Land, auf ehemaligen Regenwaldgebieten in Monokulturen angebaut, die Herstellung eines Autos, welches z.B. einen geringeren Benzinverbrauch hat, verbrennt in der Herstellung deutlich mehr an Rohstoffen und Energien als ein Auto mit höherem Benzinverbrauch und ist auf dem Markt nur für Leute erschwinglich, die sich „Umweltschonung“ leisten können, womit das „Ökoauto“ ad absurdum geführt wird. Wir müssen die Illusion zerstören, dass es einen Kapitalismus geben kann, der nicht die Umwelt zerstört!
Weil das Leben mehr zu bieten hat: Für die soziale Revolution!
Die gegenwärtige Welt befindet sich in einem permanenten Ausnahmezustand, von Frieden angesichts eines global wütenden Krieges kann längst keine Rede mehr sein. Wir überschreiten den Kipppunkt im Klimasystem und das „Peak everything“ ist keine bloße Dystopie einiger moderner Maschinenstürmer*innen mehr. Wir sind gezwungen, entweder offenen Auges ins Verderben zu rennen oder aber mit der Religion „Wachstum“ und der Autoritätshörigkeit gegenüber dem System zu brechen. Ein System, welches auch noch die höchsten Leichenberge mit einem Bagger beiseiteschieben wird, um nach den sich darunter befindenden „Ressourcen“ wie Trinkwasser zu graben. Oder aber die Bagger ins gar nicht mehr so ewige Eis verfrachten will. Mit dem Abtauen der Arktis durch die Klimaerwärmung scheint für einige der Traum von der schier endlosen Existenz von nichterneuerbaren Rohstoffen wahr zu werden, der sich bei genauerem Hinsehen aber unweigerlich als Albtraum entpuppen wird.
Die geladenen Redner*innen auf der „Kiel Conference“ und auf ähnlichen Konferenzen und Think Tanks, in den Regierungen, in der Wirtschaft oder beim NATO-Planungsstab haben sich entschieden. Und wir müssen uns ums Verrecken auch entscheiden, ob wir dieser Logik folgen und die Verantwortlichkeit weiter abschieben wollen. Denn die Frage ist, wie wollen wir leben und wie holen wir zurück, was uns gehört? Den Fragen über die Zukunft und den damit verbundenen Existenzängsten kann sich wohl keine*r mehr entziehen. Jede Krise, die in ihrer Komplexität auf globaler Ebene eine kaum überschau- und erfassbare Größenordnung angenommen hat, findet im Alltag eines Jede*n ihren entsprechenden Ausdruck. Denn obwohl wir hier in den Metropolen zwar noch unter ökonomisch scheinbar sicheren Umständen leben, lassen sich die Krisen der bestehenden Weltordnung selbst durch noch höhere und tödlichere Grenzen um Deutschland nicht mehr aus unserem Leben verdrängen. So wie das Platzen der nächsten Finanzblasen nur eine Frage von immer kürzer werdenden Abständen sein wird, so platzen die Träume von schier endloser Verbrennung von Ressourcen, einem sicheren Lebensabend, Konsum nach Lust und Laune und einem Europa in Frieden und Wohlstand. Die Glücksversprechen der bürgerlichen Gesellschaft von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit entlarven sich als Lüge. Eine Lüge, die von Anfang an verdeutlichte: der Mensch steht nicht im Mittelpunkt dieser Ideologie, er ist nur Mittel zum Zweck. Auf Gedeih und Verderb sind wir ihr ausgeliefert, nur von Nutzen oder aber hinderlich beim Selbsterhalt der großen Profitfabrik des Kapitals, welche Mensch und Natur dem gnadenlosen Verschleiß preisgibt.
Anstatt Land und Ressourcen im Kampf um Marktanteile bis zur Unfruchtbarkeit und dem Verschwinden auszubeuten, und damit den Hungertod und die Armut weiterer Teile der Welt zu legitimieren, muss eine gemeinsame und ökologische Nutzung von kommunalen landwirtschaftlichen Flächen und der Güterproduktion aufgebaut werden. Statt die Verantwortlichkeiten für unser Leben weiterhin zu delegieren, müssen wir die Entscheidungen gemeinsam und auf Augenhöhe treffen: Auf Nachbarschaftstreffen und Stadtteilversammlungen, in Produktionskollektiven und im Sinne aller, nicht unter dem Diktat derjenigen, die sich mit dem Recht des Stärkeren durchsetzen. Die repräsentativ-demokratische Verwaltung unseres Lebens ist mit Privateigentum und Konkurrenz unmittelbar verknüpft und die dadurch verursachte (soziale) Armut, die Entfremdung untereinander und von uns selbst, die alltägliche Leere lässt sich nicht durch den Versuch der Anhäufung von mehr Statussymbolen und mehr Privatbesitz auffüllen. Wenn wir die Verwertungslogik des Kapitals überwinden, den gesellschaftlichen Reichtum im globalen Maßstab umverteilen, kollektiv und selbstverwaltet die Güter unseres Lebens produzieren und die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellen, kann es eine Alternative zu einer Welt aus Wüste und Salzwasser geben.
Kiel ist Kriegsgebiet – die NATO-Konferenz versenken!